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Proteinurie

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Proteinurie

Bedeutung, Nachweis, Differenzierung und Quantifizierung

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Nachweis einer erhöhten Albuminausscheidung im Urin weist auf einen glomerulären Schaden hin und ist von diagnostischer, prognostischer und therapeutischer Bedeutung.
  • Eine erhöhte Ausscheidung anderer Proteine im Urin ist seltener und von geringerer prognostischer Bedeutung, ist bei bestimmten Nierenerkrankungen aber diagnostisch relevant.
  • Im Urin-Streifentest ("Urinstatus") wird v.a. Albumin erfasst. Der Test ist nur semiquantitativ und erlaubt daher keine brauchbare Quantifikation der Albuminurie. Ausserdem ist der Test auch begrenzt sensitiv, eine nur mässig erhöhte Albuminurie ("Mikroalbuminurie") entgeht daher meist dem Nachweis. Der Urinstatus stellt somit einen brauchbaren Screeningtest für eine schwerere glomeruläre Pathologie dar.
  • Die Protein- bzw. Albuminkonzentration kann quantitativ im Urin bestimmt werden. Die Gesamtproteinurie oder Albuminurie sollte in g bzw. mg pro Tag angegeben werden (nicht in g / Liter, da letzterer Wert stark von der Konzentriertheit des Urins abhängt). Eine Bestimmung ist möglich durch (a) Durchführung einer 24h-Urinsammlung (aufwändig und fehleranfällig bei ungenauer Sammlung) oder (b) die Bestimmung des Protein- bzw. Albumin-Kreatinin-Quotienten in einer beliebigen Urinprobe (Spoturin). Multiplikation des Proteinurie- oder Albuminurie-Wertes in mg/mmol Kreatinin mit 10 ergibt in etwa die Proteinurie bzw. Albuminurie in mg / Tag.
  • Gegenüber der Gesamtproteinurie ist die Albuminurie sowohl spezifischer für einen glomerulären Schaden als auch sensitiver. Bei ausgeprägter Proteinurie (>1g / Tag) besteht diese aber in den meisten Fällen aus Albumin und zur Verlaufskontrolle reicht dann die Bestimmung der Gesamtproteinurie aus.

Hintergrund

Eine Bestimmung und Quantifikation der Proteinurie bzw. der Albuminurie ist bei allen Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder mit Risikofaktoren für eine Nierenschädigung (z.B. Diabetes mellitus und andere Systemerkrankungen) sinnvoll, da:

  • eine Proteinurie bzw. Albuminurie auf eine abklärungsbedürftige Nephropathie hinweist und eine solchen von einer "banalen" altersbedingt reduzierten Nierenfunktion bzw. einer hypertensiven Nephropathie unterscheiden helfen kann.
  • eine Albuminurie und deren Ausmass eine wichtige prognostische Bedeutung haben (sowohl für das Risiko einer progredienten Niereninsuffizienz bzw. Dialysepflichtigkeit als auch für das Risiko der kardiovaskulären wie auch der Gesamtmortalität)
  • eine Albuminurie therapeutische Konsequenzen hat. So ist die Überlegenheit von ACE-Hemmern und Angiotensinrezeptorblockern gegenüber anderen Antihypertensiva zur Nephroprotektion nur bei Albuminurie nachgewiesen. Zudem scheint es sinnvoll, bei Nachweis einer Albuminurie tiefere Ziel-Blutdruckwerte anzustreben (<130/80mmHg anstatt <140/90 mmHg).

Physiologische Proteinausscheidung im Urin und Formen der pathologischen Proteinurie

Ein gesunder Erwachsener scheidet täglich <150mg Protein im Urin aus. Die "physiologische Proteinurie" besteht zum grössten Teil aus Uromodulin (Tamm-Horsfall-Protein), das tubulär sezerniert wird. Albumin (wird normalerweise nur geringgradig glomuerulär filtriert und danach tubulär fast vollständig reabsorbiert) und kleinmolekulare Proteine (werden normalerweise frei filtriert, aber fast vollständig tubulär reabsorbiert) finden sich physiologischerweise nur in geringen Mengen. Verschiedene Mechanismen können zu einer pathologisch erhöhten Eiweissausscheidung im Urin führen:

  • Glomeruläre Schädigung. Diese führt vor allem zu einer erhöhten Albuminausscheidung, zusätzlich werden bei starker Schädigung auch grossmolekulare Proteine wie Immunglobuline im Urin ausgeschieden (=unselektive glomeruläre Proteinurie). Das Ausmass kann bis zu mehreren g täglich betragen. Häufigste Ursache einer Proteinurie.
  • Tubuläre Schädigung. Diese führt zu einer erhöhten Ausscheidung von kleinmolekularen Proteinen, die normalerweise zwar glomerulär filtriert, aber tubulär rückresorbiert werden. Die Albuminausscheidung ist nur geringgradig erhöht. Das Ausmass beträgt meist < 1 g täglich.
  • Massiv erhöhte Bildung eines kleinmolekularen Proteins, das glomerulär frei filtriert wird. Die Filtration kann dann die tubuläre Rückresorptionskapazität überschreiten ("Überlaufproteinurie"); klassisches Beispiel ist das multiple Myelom. Das Ausmass kann bis zu mehreren g täglich betragen.
  • Eine "postrenale Proteinurie" kann bei Harnwegsinfekten oder verschiedenen anderen urologischen Erkrankungen vorkommen, ist aber meist quantitativ geringfügig.

Nachweismethoden

1) Urinstreifentest (Dipstick / Urinstatus):
Der Urinstreifentest erfasst durch eine chemische Reaktion vor allem Albumin. Die Nachweisgrenze liegt je nach Teststreifen bei ca. 60-200mg/l und die Angabe der Albuminurie ist semiquantitativ. Mittels Teststreifen lässt sich somit eine Albuminurie, die auf eine relevante glomeruläre Erkrankung hinweist, erfassen. Nicht sicher erfasst werden aber eine "Mikroalbuminurie" (Hinweis auf einen geringfügigen glomerulären Schaden), eine tubuläre Proteinurie oder eine Bence-Jones-Proteinurie (beides Nicht-Albumin). Ausserdem ist keine quantitative Bestimmung der Albuminurie möglich.

2) Quantitative Bestimmung des Gesamtproteins oder Albumins im Urin:
Die Gesamtprotein-Konzentration im Urin kann mittels Turbidimetrie quantifiziert werden, die Albuminkonzentration mttels ELISA (etwas genauer). Der spezfische quantitative Nachweis von Albumin (gegenüber des Gesamtproteins) macht Sinn (a) zum Nachweis einer "Mikroalbuminurie"; (b) um eine Proteinurie als glomerulär zu charakterisieren. Bei nachgewiesener deutlicher glomerulärer Proteinurie reicht anschliessend die Bestimmung des Gesamtproteins zur Verlaufskontrolle aus.

Wichtig: die Protein- bzw. Albuminkonzentration im Urin hängt von der Verdünntheit des Urins (also von der Trinkmenge) ab. Klinisch relevant ist nicht die Proteinurie / Albuminurie in g oder mg/l, sondern in g oder mg/Tag! Diese kann auf zwei Weisen quantifiziert werden:

  • 24h-Urinsammlung. Wichtig ist die korrekte Durchführung: erster Morgenurin am Tag 1 in Toilette, dann Beginn Sammlung, erster Morgenurin am Tag 2 (Miktion zur gleichen Zeit wie an Tag 1) noch in Sammlung, dann stoppen. Eine 24h-Urinsammlung ist aufwändig und fehleranfällig (Über- oder Untersammlung), daher nur in speziellen Situationen indiziert.
  • Bestimmung des Protein- oder Albumin-Kreatinin-Quotienten in einer beliebigen Urinprobe ("Spoturin"). Hierbei wird die Proteinausscheidung auf die Ausscheidung von Kreatinin als glomerulären Filtrationsmarker normiert. Multiplikation des Protein- bzw. Albumin-Kreatinin-Quotienten in g/mmol bzw. in mg/mmol mit 10 ergibt in etwa die Proteinurie bzw. Albuminurie in g /Tag bzw. mg/Tag. Diese Schätzformel stellt in der Regel eine gute Näherung dar. Die Formel ist aber ungenau bei sehr hoher Muskelmasse (Proteinurie wird unterschätzt) und bei geringer Muskelmasse (Proteinurie wird überschätzt). Sie ist ferner nicht valide bei (a) instabiler Nierenfunktion mit rasch steigendem oder sinkendem Serumkreatinin (akute Niereninsuffizienz oder Erholung davon) und (b) bei Dialysepatienten (extrarenale Kreatininentfernung).

3) Bestimmung einzelner Proteine:
Nebst der Albuminkonzentration kann auch die Konzentration bestimmter anderer Proteine im Urin gemessen werden. Diese können auf den physiologischen Mechanismus der Proteinurie hinweisen (erhöhte Ausscheidung kleinmolekularer Proteine wie Beta-2-Mikroglobulin oder Retinol-bindendem Protein bei tubulärer Schädigung; erhöhte Ausscheidung von Alpha-2-Makroglobulin bei postrenaler Proteinurie; erhöhte Ausscheidung von IgG bei nichtselektiver glomerulärer Proteinurie). Die Bestimmung dieser Proteine erfolgt nur in Speziallabors und ist speziellen Fällen vorbehalten.

4) Eiweisselektrophorese und Immunfixation im Urin:
Die Eiweisselektrophorese erlaubt eine Aufteilung der Proteine nach elektrophoretischer Mobilität (Grösse und Ladung). Sie stellt eine Alternative dar zur Bestimmung einzelner Proteine (siehe 3) für die Charakterisierung des Proteinurietyps (tubulär vs. glomerulär vs. overflow). Zusätzlich lassen sich in der Eiweisselektrophorese M-Gradienten erkennen; in der Immunfixation lässt sich zudem die Klonalität nachweisen. Die Eiweisselektrophorese und Immunfixation im Urin dient daher auch dem Nachweis einer Leichtketten-Proteinurie und somit der Myelomdiagnostik. Die Bedeutung dieser Untersuchung zur Myelomsuche hat allerdings, seit die freien Leichtketten im Serum einfach bestimmt werden können, stark abgenommen.

Nomenklatur und "Schweregradeinteilung" der Albuminurie und Proteinurie

Die Albuminurie wird in der neuen KDIGO-Klassifikation, welche nebst der GFR auch die Albuminurie berücksichtigt, wie folgt in Schweregrade eingeteilt:

A1

<30mg/Tag

<3mg/mmol Krea

normal bis leicht erhöht

A2

30-300mg/Tag

3-30mg/mmol Krea

moderat erhöht (früher "Mikroalbuminurie")

A3

>300mg/Tag

>30mg/mmol Krea

schwer erhöht (früher "Makroalbuminurie")

Die Begriffe "Mikroalbuminurie" und "Makroalbuminurie" wurden in der KDIGO Klassifikation verlassen, da sie etwas verwirrend sind (bei der Mikroalbuminurie wird kein Mikroalbumin ausgeschieden, sondern relativ geringe Mengen normalen Albumins). Die neuen Begriffe sind aber etwas umständlich.

Die Gesamtproteinurie kann wie folgt graduiert werden:

<0.15g/Tag

physiologische Proteinurie (bei Vorliegen einer "Mikroalbuminurie" soll die Proteinurie jedoch nicht physiologisch genannt werden)

0.15-3.5g/Tag

     <1g/Tag

     1-3.5g/Tag

subnephrotische Proteinurie

     mässige Proteinurie (kann glomerulär, tubulär oder postrenal sein)

     deutliche subnephrotische Proteinurie (meist glomerulär)

>3.5g/Tag

nephrotische Proteinurie (glomerulär)

Bei zusätzlichem Vorliegen von Ödemen, Hypoalbuminämie und Hyperlipidämie = nephrotisches Syndrom

Wann sollte eine Proteinurie / Albuminurie nephrologisch abgeklärt werden?

Eine nephrologische Abklärung ist in der Regel indiziert bei einer persistierenden Albuminurie von >300mg/Tag bzw. einer Proteinurie von >0.5-1g/Tag. Da sowohl Harnwegsinfekte als auch gewisse andere temporäre Faktoren wie Fieber, starke körperliche Aktivität, etc. zu einer passageren Proteinurie / Albuminurie führen können, sollte diese zunächst im Verlauf verifiziert werden, nachdem o.g. Faktoren ausgeschlossen wurden. Ausnahme stellt ein nephritisches Sediment (zusätzlich zur Proteinurie auch Mikrohämaturie +/- Leukozyturie ohne Bakteriurie) mit einer raschen Nierenfunktionsverschlechterung dar (dann könnte eine akute Glomerulonephritis / Vaskulitis vorliegen und eine rasche Abklärung ist indiziert).

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