Informationen zu Nierenerkrankungen und deren Behandlung
Informationen zu Nierenerkrankungen und deren Behandlung
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Welche Aufgaben übernehmen die Nieren im Körper?
Die Nieren reinigen das Blut und scheiden körpereigene Stoffwechselprodukte wie auch körperfremde Giftstoffe und viele Medikamente im Urin aus. Nebst dieser Reinigungs- und Entgiftungsfunktion übernehmen die Nieren aber auch eine Vielzahl weiterer Aufgaben: sie scheiden den Grossteil des Wassers aus, das täglich getrunken wird, ebenso Mineralstoffe und Salze aus der Nahrung sowie Säure, die beim Abbau von Nährstoffen (vor allem Eiweissen) entsteht. Bei der Ausscheidung all dieser Stoffe verfügen die Nieren über eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit: ein gesunder Mensch kann täglich mit einem halben bis einem Liter Wasser auskommen oder aber gegen zehn Liter trinken - die Nieren passen die Urinmenge dem Bedarf an. Ebenso steuern die Nieren die Menge an ausgeschiedenen Salzen und an Säure. Sie regulieren damit das "innere Gleichgewicht" des Körpers. Schliesslich produzieren die Nieren auch verschiedene Hormone (Signalstoffe), welche die Funktion anderer Organe steuern. Die wichtigsten dieser Hormone sind das Erythropoietin (Epo), welches die Blutbildung stimuliert, das aktive Vitamin D, welches die Kalziumaufnahme aus dem Darm und den Knochenstoffwechsel reguliert und Renin, welches den Blutdruck reguliert. Auch durch die Regulation der Wasser- und Salzmenge im Körper haben die Nieren einen wichtigen Einfluss auf den Blutdruck. Aus dieser Vielfalt von Aufgaben wird klar, weshalb eine Erkrankung der Nieren tiefgreifende Folgen haben und sich mit sehr unterschiedlichen Beschwerden äussern kann.
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Wie sind die Nieren aufgebaut und wie funktionieren sie?
Jeder gesunde Mensch hat zwei Nieren, welche rechts und links von der Wirbelsäule im Bereich der Flanken liegen (siehe Abbildung). Die Nieren werden direkt aus der Hauptschlagader mit Blut versorgt. Etwa 10% des Blutes, das mit jedem Herzschlag durch den Körper gepumpt wird, durchfliesst die Nieren. Die Arterien, welche die Nieren mit Blut speisen, teilen sich wie die Äste eines Baumes in unzählige kleinste Arterien auf und münden in die Nierenkörperchen ("Glomeruli"). Diese funktionieren wie kleine Filter: Wasser, gelöste Salze und viele Abfallstoffe gelangen durch die Poren im Filter in den Harn, während Blutzellen und die meisten Eiweisse im Blut zurückbehalten werden. Auf diese Weise produzieren die Nieren eines gesunden Erwachsenen jeden Tag ca. 180 Liter "Primärharn", welcher anschliessend lange, geschlängelte Kanälchen (die "Tubuli") durchfliesst. Auf dem Weg durch diese Kanälchen werden dem Primärharn grosse Mengen an Wasser, Salz und anderen Stoffen wieder entzogen und ins Blut zurückgeführt, sodass schliesslich nur ca. 0.5 bis 3 Liter Urin täglich ausgeschieden werden. Die Giftstoffe hingegen verbleiben im Harn und werden durch diesen Prozess konzentriert und die Zusammensetzung des Urins kann genau reguliert werden. Aus den Tubuli gelangt der Urin in die Nierenbecken und von dort über die Harnleiter in die Harnblase, von wo er durch die Harnröhre ausgeschieden wird. Das Blut fliesst, nachdem es in den Glomeruli gefiltert wurde, weiter durch kleine Blutgefässe, welche die Tubuli umgeben. Dort nimmt es zurückgewonnenes Wasser und Salze auf und scheidet gewisse Stoffe direkt über die Tubuli in den Harn aus. Schliesslich verlässt das gereinigte Blut die Nieren wieder durch die Nierenvenen.
Einen Informationsfilm der deutschen Gesellschaft für Nephrologie über Aufbau und Funktion der Nieren finden Sie unter folgendem Link: http://www.dgfn.eu/patienten/informationsfilme/funktion-aufbau-niere.html
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Welche Krankheiten führen zu einer Nierenschädigung?
Die Zahl verschiedener Krankheiten, die die Nieren schädigen können, ist sehr gross. Dabei können zu Beginn vor allem die Nierenkörperchen (Glomeruli), die Nierenkanälchen (Tubuli) oder die kleinen Nierenarterien betroffen sein. Wenn eine chronische Nierenkrankheit fortschreitet, kommt es schliesslich zur Verödung bzw. Vernarbung all dieser Strukturen.
Chronische Nierenerkrankungen können sehr unterschiedliche Ursachen haben:
- Bluthochdruck
- Diabetes (Zuckerkrankheit)
- Ein Abflusshindernis, das zu einer Nierenstauung führt
- Autoimmunerkrankungen (Überreaktionen des Immunsystems)
- Verschiedene Erbkrankheiten
- Infektionen
- Verschiedene Medikamente
In den Industrieländern sind heutzutage Bluthochdruck und Diabetes die mit Abstand häufigsten Ursachen einer Nierenschädigung.
Die meisten dieser Krankheiten verlaufen chronisch, schreiten also langsam voran und können zu einer zunehmenden Vernarbung der Nieren führen. Daneben gibt es auch akute Nierenerkrankungen, von denen sich die Nieren weitgehend wieder erholen können. Häufige Ursachen einer akuten Nierenerkrankung sind ein starker Flüssgkeitsverlust (schwerer Durchfall, Blutungen), schwere Infektionen, Medikamente sowie Röntgenkontrastmittel.
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Was sind die Folgen und Symptome einer Nierenerkrankung?
Je nach Art der Nierenerkrankung können die Auswirkungen in einem frühen Stadium unterschiedlich sein. Eine Schädigung der Nierenfilter (Glomeruli) kann beispielsweise zu einem Verlust von Eiweiss und roten Blutkörperchen im Urin führen, da die Filter dann "undicht" sind. Eine Schädigung der Nierenkanälchen (Tubuli) kann zu einer Störung im Salz- und Säure-Base-Haushalt führen. Im Verlauf der meisten Nierenerkrankungen kommt es zu einer Abnahme der Entgiftungsleistung der Nieren. Dieser Funktionsverlust der Nieren wird als "Niereninsuffizienz" bezeichnet.
Frühe Zeichen gewisser Nierenerkrankungen können geschwollene Füsse, Beine und Augenlider oder Bluthochdruck sein. Bei vielen Patienten treten aber Beschwerden erst auf, wenn ein Nierenleiden weit fortgeschritten ist. Diese Beschwerden umfassen Zeichen der Harnvergiftung ("Urämie") wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Leistungsminderung, Appetitlosigkeit und Übelkeit. Daneben kann es durch die eingeschränkte Salz- und Wasserausscheidung zu Wassereinlagerungen (Ödemen) in den Beinen und zu Atemnot infolge von Wasseransammlung in den Lungen kommen. Zum Glück wird bei vielen Patienten eine Nierenerkrankung schon vor Auftreten dieser Symptome durch einen Labortest z.B. beim Hausarzt festgestellt und es besteht die Möglichkeit, den Verlauf der Erkrankung aufzuhalten oder zu verlangsamen.
Aufgrund der vielseitigen Aufgaben der Nieren wirkt sich eine chronische Niereninsuffizienz auch auf verschiedene andere Organsysteme aus:
- Arterienverkalkung (aufgrund verminderter Ausscheidung von Calcium und Phosphat) und dadurch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Knochenschwäche (aufgrund verminderter Vitamin D-Bildung und anderer Hormonstörungen, Phosphatansammlung im Körper und Übersäuerung)
- Muskelschwäche (aufgrund von Übersäuerung und Harnvergiftung)
- Blutarmut (aufgrund verminderter Epo-Bildung in den Nieren und Schädigung der roten Blutkörperchen durch die Harnvergiftung)
- Bei schwerem, unbehandeltem Nierenversagen besteht die Gefahr lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen (aufgrund einer verminderten Kaliumausscheidung)
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Wie misst die Ärztin die Nierenfunktion?
Wie oben beschrieben, erfüllen die Nieren eine Vielzahl von Aufgaben. Störungen der Nierenfunktion schlagen sich deshalb in verschiedenen Laborwerten nieder. Als bester Wert um die Gesamtleistung der Nieren zu erfassen, dient die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate (GFR). Die GFR bezeichnet die Menge an "Primärharn", die jede Minute durch Filtern des Blutes in allen Glomeruli (Nierenfilterchen) zusammen gebildet wird. Die GFR eines jungen gesunden Erwachsenen beträgt im Durchschnitt 120 ml/min. Das ergibt pro Tag ca. 180 Liter Primärharn, der in den Nierentubuli dann stark konzentriert wird, bevor er als Urin den Körper verlässt. Im Alter nimmt die GFR normalerweise etwas ab. Die GFR genau zu bestimmen, ist sehr aufwändig. In der medizinischen Routine misst man daher in der Regel den Kreatininwert im Blut. Kreatinin ist ein Stoffwechselprodukt der Muskeln, welches durch die Gomeruli filtriert und über die Nieren ausgeschieden wird. Nimmt die Nierenleistung ab, so steigt der Kreatininwert im Blut an. Anhand von Kreatininwert, Alter und Geschlecht lässt sich mithilfe einer mathematischen Formel die GFR abschätzen. In gewissen Fällen kann zu einer genaueren Bestimmung eine Urinsammlung über 24 Stunden sinnvoll sein. Der Kreatininwert wird dann im Blut und im gesammelten Urin gemessen. Daraus bestimmt man die sogenannte "Kreatininclearance", die in etwa der GFR entspricht.
Andere Aspekte der Nierenfunktion lassen sich durch weitere Laborwerte erfassen. Wichtig ist dabei auch die Untersuchung des Urines. Hier wird vor allem gemessen, wie viel Eiweiss im Urin ausgeschieden wird und ob sich rote und weisse Blutkörperchen im Urin finden. Beides kann auf eine Schädigung der Nieren, vor allem der "Glomeruli", hinweisen. Die Menge der Eiweissausscheidung im Urin ("Proteinurie") liefert wichtige Hinweise auf das Risiko, dass eine Nierenerkrankung voranschreitet. Zur genauen Bestimmung ist eine Urinsammlung über 24 Stunden nötig, meist lässt sich die Proteinurie aber auch aus einer einzelnen Urinprobe mittels einer bestimmten Formel gut abschätzen.
Bei einer voranschreitenden Nierenerkrankung lassen sich ausserdem die mannigfaltigen Auswirkungen der Nierenfunktionsstörung auf den Körper anhand verschiedener Laborwerte wie auch in der klinischen Untersuchung feststellen (z.B. Übersäuerung, zu hohe Phosphat- und Kaliumwerte im Blut, Überwässerung, etc.).
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Die Ursache einer Nierenerkrankung feststellen
Werden ein erhöhter Kreatininwert bzw. eine verminderte GFR oder Auffälligkeiten des Urins festgestellt, so stellt sich die Frage nach der Ursache der Nierenerkrankung. Wichtig ist vor allem, dass Nierenerkrankungen, für die eine spezifische Therapie existiert, rechtzeitig erkannt werden. Eine genaue Diagnose der Ursache einer Nierenerkrankung zu stellen, erfordert in der Regel eine "Detektivleistung" des Nephrologen (Nierenspezialisten). Zunächst gibt das Gespräch mit der Patientin wichtige Hinweise (Symptome, die auf eine zugrundeliegende Erkrankungen hinweisen, Blutdruckwerte, Medikamente, etc.). Dann liefern die körperliche Untersuchung, die Ultraschalluntersuchung der Nieren und vor allem eine erweiterte Labordiagnostik von Blut- und Urinwerten wichtige Hinweise. Schliesslich ist in gewissen Fällen die Entnahme einer Gewebeprobe aus einer Niere ("Nierenbiopsie") für eine Diagnosestellung notwendig.
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Welche Informationen liefert die Ultraschalluntersuchung?
Die Ultraschalluntersuchung (auch Sonographie genannt) stellt eine sehr einfache aber nützliche Methode dar, um die Nieren zu untersuchen. Sie ist schnell durchführbar, für den Patienten völlig schmerzlos, absolut unschädlich und kann bei entsprechender Kenntnis und Ausrüstung direkt bei der klinischen Untersuchung durch die behandelnde Ärztin durchgeführt werden. Eine auf den Körper aufgelegte Sonde sendet ähnlich einem Echolot Schallwellen im Ultraschallbereich aus und registriert deren Echo. So erlaubt die Ultraschalluntersuchung einen Blick in den Körper und eine Abbildung der Nieren und liefert folgende Informationen:
- Die Nierengrösse und die Breite der Nierenrinde. Sind diese deutlich reduziert, so ist dies ein Hinweis auf eine chronische Nierenschädigung, die sich kaum erholen wird.
- Ob ein Abflusshindernis besteht. Eine Nierenstauung kann zu einem Nierenversagen führen; rechtzeitig erkannt lässt sich eine Schädigung der Nieren verhindern, wenn der Abfluss des Urins wieder sichergestellt wird.
- Nierensteine
- Nierenzysten. Diese können einzeln vorkommen und bedeutungslos sein; selten können Nierenzysten Ausdruck eines Tumorleidens sein. Bei der erblichen polyzystischen Nierenerkrankung schliesslich finden sich unzählige Nierenzysten, die das gesunde Nierengewebe verdrängen.
- Nierentumoren
- Die Durchblutung der Nieren. Diese kann bei starken Verengungen von Blutgefässen eingeschränkt sein.
Was sich im Ultraschall nicht abbilden lässt, sind die feinen Gewebestrukturen wie Nierenfilterchen (Glomeruli) und Nierenkanälchen (Tubuli). Für eine genaue Diagnose einer Nierenerkrankung ist daher manchmal eine Nierenbiopsie erforderlich. Auch die Nierenfunktion bzw. das Ausmass einer Nierenfunktionsstörung kann mittels Ultraschall nicht festgestellt werden. Hierfür sind Laboruntersuchungen notwendig.
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Nierenbiopsie: wann, wozu und wie wird sie durchgeführt?
Die einzelnen Glomeruli und Nierenkanälchen lassen sich mittels Ultraschall nicht abbilden. Ergeben sich aus den Laboruntersuchungen Hinweise auf eine relevante Schädigung dieser Strukturen und lässt sich die Ursache nicht durch die Vorgeschichte, die berichteten Beschwerden oder durch Laboruntersuchungen feststellen, so ist oft die Entnahme einer Gewebeprobe notwendig. Diese erfolgt in lokaler Betäubung mit einer Nadel, welche unter Kontrolle mit einem Ultraschallgerät durch die Flankengegend eingeführt wird. Das entnommene Gewebe wird anschliessend aufgearbeitet und durch Spezialisten unter dem Mikroskop beurteilt. Praktisch alle Nierenerkrankungen, deren Ursache sich nicht mittels Ultraschall feststellen lässt, betreffen beide Nieren gleichzeitig. Daher reicht es, eine Gewebeprobe von nur einer Niere zu entnehmen. Ausführliche Informationen zum Ablauf und möglichen Risiken einer Nierenbiopsie finden Sie auf unserem Aufklärungsprotokoll.
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Wie lassen sich Nierenerkrankungen behandeln?
Das Ziel einer genauen Diagnosestellung von Nierenerkrankungen besteht darin, anschliessend individualisierte Therapiemöglichkeiten anbieten zu können. Die Behandlungsmassnahmen bei chronischen Nierenerkrankungen lassen sich grob in drei Aspekte aufteilen:
- Ursächliche Behandlung einer Nierenerkrankung. Bei Autoimmunerkrankungen kann es z.B. notwendig sein, mit speziellen Medikamenten das Immunsystem zu unterdrücken, bei Harnabflusstörungen muss diese behoben werden, etc.
- Behandlungen, die das Voranschreiten chronischer Nierenerkrankungen unabhängig von der genauen Ursache verzögern. Hierzu gehören unter anderem:
- Die Behandlung eines Bluthochdruckes
- Die Behandlung mit Medikamenten, die den Blutdruck spezifisch in den Nierenfiltern ("Glomeruli") senken und so die Eiweissausscheidung im Urin ("Proteinurie") reduzieren (diese Medikamente heissen ACE-Hemmer und Angiotensinrezeptor-Blocker)
- Eine Behandlung mit Bicarbonat, was die Nierenkanälchen ("Tubuli") vor einer Säureüberlastung schützt.
- Die Behandlung der Folgen eines Nierenversagens. Wenn die Nieren ihre Funktionen nicht mehr voll erfüllen können, so lassen sich diese teilweise mit Medikamenten ausgleichen. Dazu gehören unter anderem:
- Eine Behandlung einer Blutarmut mit Eisen und Epo-Präparaten
- Eine Behandlung von Knochenstoffwechselstörungen mit Vitamin D-Präparaten
- Eine Reduktion der Kalium- und Phosphataufnahme aus dem Darm durch Diät und mittels spezieller Medikamente
- Die Behandlung einer Übersäuerung (welche nicht nur der Niere selber schadet, sondern auf Dauer auch zu einem Knochen- und Muskelabbau führt) durch Diät oder mit Bicarbonat-Tabletten.
Leider verlaufen viele Nierenerkrankungen chronisch. Sie lassen sich daher nicht heilen wie z.B. eine Lungenentzündung durch eine Antibiotikakur. Sie lassen sich aber gut behandeln und ihr Verlauf kann damit meist verlangsamt werden. Dafür ist oft eine lange, mitunter zeitlich unbegrenzte Behandlung mit Medikamenten notwendig. Diese Behandlungen erfordern von den betroffenen Patientinnen und Patienten viel Disziplin.
- Ursächliche Behandlung einer Nierenerkrankung. Bei Autoimmunerkrankungen kann es z.B. notwendig sein, mit speziellen Medikamenten das Immunsystem zu unterdrücken, bei Harnabflusstörungen muss diese behoben werden, etc.
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Was können Patienten selber tun?
Was können Patienten selber tun, um den Verlauf einer Nierenerkrankung positiv zu beeinflussen?
Bei der Entstehung gewisser Nierenerkrankungen (insbesondere der diabetischen Nierenerkrankung) kann ein "ungesunder Lebensstil" eine ursächliche Rolle spielen. Bei der Mehrheit der Nierenerkrankungen aber ist kein direkter Zusammenhang zwischen einem bestimmten Verhalten bzw. Lebensstil und der Krankheitsentstehung bekannt. Das Voranschreiten der meisten Nierenerkrankungen kann aber durch einen gesunden Lebensstil wohl günstig beeinflusst werden:
- Rauchen führt wie in allen Organen auch in den Nieren zu einer Schädigung der Blutgefässe und kann das Voranschreiten einer Nierenerkrankung beschleunigen. Mit dem Rauchen aufzuhören hat sowohl für die Nieren wie auch für den ganzen Körper sehr positive Folgen und ist deshalb allen Rauchern mit Nierenerkrankungen sehr zu empfehlen.
- Mit einer angepassten Ernährung kann der Verlauf einer Nierenerkrankung wahrscheinlich positiv beeinflusst werden (siehe unten).
- Übergewicht fördert möglicherweise das Voranschreiten vieler Nierenerkrankungen und es scheint daher sinnvoll, ein "normales" Körpergewicht anzustreben.
Da die meisten Nierenerkrankungen vor allem mit Medikamenten behandelt werden, ist deren zuverlässige Einnahme wichtig. Wenn Sie Bedenken bezüglich gewisser Medikamente haben oder unter der hohen Zahl an Medikamenten leiden, sollten Sie dies mit dem behandelnden Arzt besprechen. Oft sind Vereinfachungen möglich oder es können gewisse weniger wichtige Medikamente weggelassen werden. Es ist aber entscheidend, dass der behandelnde Arzt weiss, welche Medikamente eingenommen werden und dass diese regelmässig genommen werden.
Wie oben beschrieben ist eine gute Behandlung eines Bluthochdruckes bei Patienten mit Nierenerkrankungen wichtig. Hierfür ist es sehr hilfreich, wenn Patienten selber zu Hause regelmässig Blutdruck messen und die Werte für den Arztbesuch notieren. So können die Blutdruckmedikamente dem Bedarf besser angepasst werden.
Gewisse Medikamente sind für Patienten mit Nierenerkrankungen ungünstig. Hierzu gehören vor allem gewisse Schmerzmittel (sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika), welche rezeptfrei erhältlich sind. Diese sollten bei deutlich eingeschränkter Nierenfunktion strikt gemieden werden und bei leicht eingeschränkter Nierenfuntion höchstens sehr zurückhaltend und kurzfristig zur Anwendung kommen (siehe unser Merkblatt). Ganz allgemein sollten sich nierenkranke Patienten vor der Einnahme neuer Medikamente mit ihrer Ärztin oder ihrem Apotheker besprechen.
Vor allem Patienten mit fortgeschrittenen Nierenleiden und Dialysepatienten leiden oft unter Muskelschwäche und Müdigkeit. Regelmässige körperliche Aktivität hilft, einem zunehmenden Muskelabbau vorzubeugen und ist auch gut für die Psyche.
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Behandlung bei fortgeschrittenem Nierenversagen
Behandlung bei fortgeschrittenem Nierenversagen
Wenn die Nierenfunktion kritisch eingeschränkt ist, bedarf es eines Nierenersatzverfahrens, um die Entgiftungsfunktion und die Entfernung von Wasser und Salzen aus dem Körper zu gewährleisten. Grundsätzlich stehen drei verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung: die Nierentransplantation, die Hämodialyse ("Blutwäsche") und die Peritonealdialyse ("Bauchfelldialyse"). Jede dieser Optionen hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Die Wahl einer der Therapien hängt von verschiedenen individuellen Faktoren ab. Es kann bei gewissen Patienten medizinische Gründe geben, die eine Behandlungsform ausschliessen. Meist sind jedoch persönliche Präferenzen der Patienten ausschlaggebend. Nebst den genannten drei Therapieoptionen besteht natürlich auch die Möglichkeit, auf diese lebensverlängernden Massnahmen zu verzichten. Eine rein symptomorientierte Therapie kann gerade bei hoch betagten oder schwer kranken Menschen sinnvoll sein.
Da gewisse der oben genannten Therapieverfahren einer längeren Vorbereitungszeit bedürfen, ist es wichtig, dass sich Patientinnen rechtzeitig mit diesem Thema auseinandersetzen. So können sie im Gespräch mit dem Behandlungsteam die für sie optimale Therapieform wählen. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Aspekte der einzelnen Therapieoptionen zusammen.
Unter den folgenden Links finden Sie Informationsfile der deutschen Gesellschaft für Nephrologie über Dialysebehandlung (Film Dialyse) bzw. Transplantation (Film Transplantation)
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Die Hämodialyse (Blutdialyse): das Wichtigste in Kürze.
Bei der Hämodialyse wird Blut dem Körper entzogen, in einem Dialysator ("künstliche Niere") gereinigt und wieder in den Körper zurückgeführt. Dabei werden während einer Behandlung kontinuierlich jede Minute ca. 200-400 ml Blut dem Körper entzogen, gereinigt und wieder zurückgeführt. Nur etwa 200ml Blut befinden sich dabei aber zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausserhalb des Körpers. Das Kernstück eines Dialysegerätes, der Dialysator, besteht aus zahlreichen kleinsten Hohlfasern ("Kapillaren"), durch welche das Blut fliesst, und welche von der Dialyseflüssigkeit ("Dialysat") umspült werden. Durch feine Poren in den Kapillaren können Wasser, Giftstoffe und Salze vom Blut ins Dialysat übertreten. Umgekehrt treten Puffersubstanzen (v.a. Bicarbonat) vom Dialysat ins Blut über und behandeln so die Übersäuerung des Körpers. Blutzellen und wichtige Bluteiweisse werden im Blut zurückbehalten. Der Dialyseapparat pumpt das Blut über ein Schlauchsystem in den Dialysator und von dort wieder zurück in den Blutkreislauf und regelt dabei exakt die Blutflussgeschwindigkeit, die Zusammensetzung und verwendete Menge des sterilen Dialysates und die Menge an Flüssigkeit, die dem Körper entzogen wird.
Eine Hämodialyse wird in der Regel dreimal wöchentlich während vier Stunden durchgeführt. In Einzelfällen sind Abweichungen von diesem Schema nötig bzw. möglich. Eine Reduktion auf nur zwei Behandlungen pro Woche - obwohl von vielen Patienten aus verständlichen Gründen erwünscht - ist aber fast nie sinnvoll; zu viele Giftstoffe würden sich dann zwischen den Behandlungen ansammeln und zu gross wären die Schwankungen im Wasser- und Salzhaushalt. Diese Schwankungen wiederum führen zu einer schlechteren Verträglichkeit der Dialysebehandlungen.
Zur Durchführung einer Dialysebehandlung ist ein sogenannter Gefässzugang notwendig, der die kontinuierliche Entnahme und Rückführung des Blutes während der Behandlung ermöglicht. Hierfür wird in der Regel an einem Arm eine Vene mit einer Arterie verbunden und so ein "Shunt" bzw. eine "Fistel" gebildet (siehe Abbildung). Ein Shunt wird in einer kleinen Operation angelegt und muss sich danach über mehrere Wochen entwickeln bis er verwendet werden kann. In dieser Zeit wird die Shuntvene dicker und kräftiger. Für die Dialysebehandlung wird der Shunt dann jeweils mit zwei Nadeln angestochen - eine für die Entnahme des Blutes, eine für die Rückgabe. Bei schlechten Venenverhältnissen kann als Alternative zum Shunt ein Kunststoffschlauch ("Graft" oder "Gefässprothese") zwischen eine Arterie und eine Vene eingesetzt werden (siehe Abbildung). Falls eine Dialyse notfallmässig begonnen werden muss, so ist in der Regel die Einlage eines Katheters in eine Halsvene notwendig. Falls ein Katheter für längere Zeit benötigt wird (z.B. bis zum Reifen eines Shuntes), so kommen Katheter zur Anwendung, die weich sind und nach Austritt aus dem Blutgefäss unter der Haut verlaufen bis zur Hautdurchtrittsstelle im Bereich des Brustkorbes (siehe Abbildung). In seltenen Fällen stellt ein Katheter bei Patienten mit schwierigen Venenverhältnissen oder in anderen Ausnahmesituationen eine Dauerlösung dar. Ein Katheter birgt aber ein erhebliches Infektionsrisko und erlaubt keine gleich hohen Blutflussgeschwindigkeiten wie ein Shunt oder ein Graft.
Damit das Blut im Schlauchsystem des Dialyeapparates nicht gerinnt, ist ausserdem eine medikamentöse Blutverdünnung nötig. Bei blutungsgefährdeten Patienten kann auch eine Blutverdünnung im Schlauchsystem durchgeführ werden, ohne dass diese im Körper wirksam ist.
Eine Hämodialysebehandlung wird meist ambulant in der Dialyseabteilung eines Spitals oder in einer Dialysepraxis durchgeführt. Ausgewählte Patienten können die Behandlung aber auch selber zu Hause durchführen (Heim-Hämodialyse).
Vorteile der Hämodialyse
- Viele Funktionen der Niere können ersetzt werden, sodass die meisten Symptome und Folgen eines Nierenversagens gelindert werden können und ein langfristiges Überleben ermöglicht wird.
- Die Therapie erfolgt "nur" dreimal wöchentlich, in der Regel im Krankenhaus oder einer Dialysepraxis. Dadurch muss im privaten Umfeld kein Dialysematerial gelagert werden und die Angehörigen werden wenig mit der Erkrankung konfrontiert.
- Es erfolgt eine engmaschige medizinische Betreuung.
- Hämodialysepatientinnen, welche dies nicht wollen, müssen weniger Eigenverantwortung übernehmen.
- Durch die Behandlung im Dialysezentrum ist auch der Austausch mit anderen Patienten möglich.
- Es besteht aber auch die Möglichkeit einer Heim-Hämodialyse. Diese erfordert sehr viel Eigenverantwortung von Seiten der Patienten, ermöglicht dafür aber mehr Autonomie und Flexibilität und mitunter eine nächtliche Behandlung.
Nachteile der Hämodialyse
- Die verschiedenen Funktionen der Niere werden nur unvollständig ersetzt. Damit können nicht alle Symptome und Folgen eines Nierenversagens ganz behoben werden und eine zusätzliche medikamentöse Behandlung ist in der Regel notwendig.
- Wird die Therapie im Spital bzw. der Dialysepraxis durchgeführt, muss man sich an einen fixen Zeitplan halten und verliert an Autonomie.
- Gegenüber der Peritonealdialyse nimmt die Nieren-Restfunktion in der Regel schneller ab, dadurch sind strengere Einschränkungen bei der Flüssigkeitszufuhr und eine strengere Diät notwendig.
- Für eine Hämodialyse ist ein Gefässzugang nötig, der rechtzeitig geplant werden muss. Bei Verwendung eines Katheters besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko.
- Das Einführen der Nadeln in den Shunt kann mit Schmerzen verbunden sein und es können nach der Behandlung leichte Blutungen an den Einstichstellen auftreten.
Mögliche Komplikationen der Hämodialyse
Wir versuchen hier eine möglichst vollständige Liste der möglichen Komplikationen zu geben; in den meisten Fällen wird eine Hämodialyse jedoch gut vertragen und ermöglicht eine gute Lebensqualität oft über viele Jahre.
- Die intermittierende (in der Regel dreimal wöchentliche Behandlung) bedeutet eine gewisse Belastung für den Organismus. Durch den raschen Entzug hoher Flüssigkeitsmengen und die Verschiebung von Mineralstoffen währen der Dialyse können Beinkrämpfe, Blutdruckabfälle mit Schwindel und Durchblutungsstörungen des Herzens auftreten. Die starken Schwankungen von Mineralstoffen im Blut können ausserdem Herzrhythmusstörungen begünstigen.
- Der Dialyseshunt kann sich verengen oder durch ein Blutgerinnsel verschlossen werden. Dies erfordert in der Regel eine chirurgische Behandlung oder eine Katheterbehandlung des Shuntes ("Ballondilatation").
- Bei Dialysekathetern kann es zu Infektionen des Blutes kommen, welche antibiotisch behandelt werden müssen, oft ist dann auch ein Ersatz des Katheters notwendig. In seltenen Fällen kann es dabei zu Herzklappeninfektionen kommen, welche durch eine längere Antibiotikatherapie behandelt werden müssen. Auch Grafts können infizieren und müssen dann ersetzt werden. Das Infektionsrisiko ist aber bei Grafts wesentlich geringer als bei Kathetern und bei Shunts noch einmal deutlich geringer.
- Durch die notwendige Blutverdünnung während der Dialyse kann es unmittelbar nach den Behandlungen zu einer erhöhten Blutungsneigung kommen.
- Sehr selten kann es während der Behandlung zu Unverträglichkeitsreaktionen auf die Kapillaren im Dialysator oder das Schlauchsystem kommen. Mögliche Symptome davon sind Blutdruckabfall, Brustschmerzen, Atemnot, Hitze- oder Kältegefühl, Fieber oder Hautausschläge.
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Die Peritonealdialye: das Wichtigste in Kürze.
Bei der Peritonealdialyse wird als Austauschfläche zwischen Blut und Dialyseflüssigkeit das natürliche Bauchfell (lateinisch peritoneum) genutzt, das die inneren Bauchorgane und die Bauchwand überzieht. Diese Membran besitzt, ähnlich wie der künstliche Dialysator bei der Hämodialyse, winzige Poren, welche einen Austausch von Flüssigkeit, Salzen und Giftstoffen zwischen dem Blut und der Bauchhöhle ermöglichen. Die Bauchhöhle ist ein Raum zwischen den Därmen und der Bauchwand, der normalerweise kaum Flüssigkeit enthält. Bei der Peritonealdialyse wird die Bauchhöhle mit ca. 2 Litern einer sterilen Flüssigkeit gefüllt, welche dort während einiger Zeit verbleibt und dem Körper Giftstoffe, überschüssiges Wasser und Salz entzieht. Anschliessend wird die Flüssigkeit durch frische Dialyselösung ersetzt (siehe Abbildung).
Zum Füllen und Entleeren der Bauchhöhle ist ein Kunststoffkatheter notwendig. Dieser wird in einer kleinen Operation in den Bauchraum implantiert. Der PD-Katheter verlässt die Haut in der Regel etwas seitlich und unterhalb des Bauchnabels. Die Katheter-Austrittsstelle wird normalerweise mit einem Klebeverband bzw. Pflaster geschützt.
Die Wechsel der Dialyseflüssigkeit können auf unterschiedliche Weise erfolgen:
- Bei der kontinuierlichen ambulanten Peritonealdialyse (englisch "continuous ambulatory peritoneal dialysis", CAPD) werden die Wechsel von Hand durchgeführt. Ein Wechsel der Dialyselösung dauert insgesamt ca. 30 Minuten. Bei der CAPD erfolgen meist vier Wechsel täglich. Die Zeiten der Wechsel können in einem gewissen Rahmen dem Tagesablauf des Patienten angepasst werden. Meist werden als Zeitpunkte gewählt: erster Wechsel vor dem Frühstück; zweiter Wechsel vor dem Mittagessen; dritter Wechsel vor dem Abendessen; vierter Wechsel vor dem Zubettgehen.
- Alternativ können die Flüssigkeitswechsel auch nachts durch eine spezielle Maschine durchgeführt werden. Bei der automatisierten Peritonealdialyse (APD) schliesst sich der Patient abends mit dem PD-Katheter an ein Peritonealdialysegerät ("Cycler") an. Der Cycler führt während der Nacht in ca. zweistündigen Abständen während einer Gesamtdauer von 8-10 Stunden die Flüssigkeitswechsel durch. Tagsüber kann die Bauchhöhle selten leer belassen werden, meist aber erfolgt zum Schluss der APD-Behandlung ein Füllen der Bauchhöhle für den Tag.
- Gelegentlich werden die Verfahren kombiniert: Es erfolgt dann nachts eine Behandlung am Cycler und tagsüber ein zusätzlicher Wechsel von Hand.
Die Dialyselösung besteht aus medizinisch reinem, keimfreiem Wasser, welchem verschiedene Mineralstoffe zugefügt werden, die dem Körper nicht entzogen werden sollen. Zusätzlich enthält die Dialyselösung eine Puffersubstanz (meist Bicarbonat), die dem Körper Säure entzieht bzw. diese neutralisiert. Schliesslich wird dem Dialysat Zucker zugesetzt. Der Zucker entzieht dem Körper Wasser, welches von der konzentrierten Zuckerlösung "angezogen" wird (sogenannte Osmose). Durch Wahl des Zuckergehaltes in der Dialyselösung kann der Wasserentzug aus dem Körper reguliert werden. Die Dialyselösungen werden fertig verpackt in Plasticbeuteln mit einem Schlauchsystem und einem leeren Beutel für die verbrauchte Flüssigkeit geliefert. Beim Öffnen dieser Beutel und beim Verbinden mit dem PD-Katheter über einen Schraubverschluss ist auf peinliche Hygiene zu achten, da keine Keime in die Bauchhöhle gelangen dürfen.
Die Peritonealdialyse erfolgt im häuslichen Umfeld bzw. am Arbeitsplatz der Patienten und wird in der Regel durch die Patienten selber durchgeführt, selten auch durch Angehörige oder in Ausnahmefällen durch ambulantes Pflegepersonal (z.B. Spitex). Zur sicheren Durchführung bedarf es einer gründlichen Schulung. Die Behandlung muss unter hygienisch einwandfreien Bedingungen erfolgen und die durchführende Person bedarf gewisser geistiger wie auch feinmotorischer Fähigkeiten.
Vorteile der Peritonealdialyse
- Wie bei der Hämodialyse können viele Funktionen der Niere ersetzt werden, sodass die meisten Symptome und Folgen eines Nierenversagens gelindert werden können.
- Durch den langsamen und kontinuierlichen Entzug von Flüssigkeit und Giftstoffen wird die Peritonealdialyse oft besser vertragen als die Hämodialyse und ist möglicherweise schonender für das Herz-Kreislaufsystem.
- Die Flüssigkeitsausscheidung durch die eigenen Nieren bleibt bei der Peritonealdialyse meist länger erhalten als bei der Hämodialyse. Deshalb ist die erlaubte Trinkmenge weniger limitiert und es sind weniger strenge Diäteinschränkungen notwendig.
- Die Behandlung mittels Peritonealdialyse lässt dem Patienten wesentlich mehr Autonomie. Die Behandlung kann besser dem Tagesablauf angepasst werden und eine Berufstätigkeit lässt sich oft besser mit einer Peritonealdialyse vereinbaren als mit einer Hämodialyse.
- Der Zeitaufwand ist bei CAPD insgesamt gegenüber einer Zentrums-Hämodialyse meist ein wenig geringer. Bei APD ist der Zeitaufwand, sofern nur die Zeiten für das An- und Abhängen eingerechnet werden, deutlich geringer.
Nachteile der Peritonealdialyse
- Auch bei der Peritonealdialyse werden die verschiedenen Funktionen der Niere nur unvollständig ersetzt und eine zusätzliche medikamentöse Behandlung ist meist notwendig.
- Die Durchführung einer Peritonealdialyse erfordert einen PD-Katheter. Dieser kann für gewisse Personen störend sein und Baden ist nur beschränkt möglich (siehe unten).
- Bei einigen Patienten treten während des Füllens und Entleerens der Bauchhöhle leichte Schmerzen auf.
- Die Peritonealdialyse erfordert ein hohes Mass an Eigenverantwortung und Disziplin auf Seiten der Patienten sowie eine peinlich genaue Hygiene.
- Das Durchführen einer Peritonealdialyse erfordert gewisse räumliche Gegebenheiten (einen geeigneten Raum zum Durchführen der Beutelwechsel, Lagerraum für die Dialyselösungen). Aufgrund der Durchführung der Therapie im häuslichen Umfeld werden die Angehörigen bzw. Partner einer Peritonealdialyse-Patientin direkter mit der Erkrankung konfrontiert.
- Die Flüssigkeit im Bauchraum verteilt sich gut und der Bauchumfang nimmt in der Regel nur geringfügig zu. Dennoch kann sich das Körperbild geringfügig verändern. Überdies kann es durch die Zuckerzufuhr mit dem Dialysat zu einer Gewichtszunahme kommen.
Mögliche Komplikationen der Peritonealdialyse
Wir versuchen hier eine möglichst vollständige Liste der möglichen Komplikationen zu geben; in den meisten Fällen funktioniert eine Peritonealdialyse aber ohne grossen Probleme und ermöglicht eine gute Lebensqualität und eine relativ unabhängige Lebensgestaltung über mehrere Jahre.
- Die häufigste Komplikation der Peritonealdialyse ist eine Infektion der Bauchhöhle ("Peritonitis"). Diese tritt meistens als Folge des Nichteinhaltens der Hygienevorkehrungen auf und äussert sich durch Trübung der Dialyseflüssigkeit, manchmal Bauchschmerzen und gelegentlich Fieber. Bei gut geschulten PD-Patienten tritt eine Peritonitis durchschnittlich etwa einmal alle 2-5 Jahre auf und lässt sich in der Regel rasch und gut mit Antibiotika behandeln. Seltener ist eine Infektion entlang des Katheters ("Tunnelinfekt"), welche die Einlage eines neuen Katheters notwendig macht.
- Es können Katheterfehlfunktionen auftreten durch eine Verlagerung der Katheterspitze vom Unter- in den Oberbauch, durch Abknicken oder Verstopfen des Katheters oder bei Verlegung der Katheteröffnung durch Darmschlingen. Selten kann ein Leck im Katheter auftreten und Flüssigkeit ins Unterhautgewebe austreten. In diesen Fällen kann die Einlage eines neuen Katheters notwendig sein.
- Das Füllen mit Dialyseflüssigkeit erhöht den Druck in der Bauchhöhle. Daher kann das Auftreten von Brüchen ("Hernien"; z.B. Nabelbrüche, Leistenbrüche) bei PD-Patienten begünstigt werden. Nach einer operativen Korrektur der Hernien ist aber ein Weiterführen der Peritonealdialyse in aller Regel möglich. Seltener sind undichte Stellen im Bauchfell; der Austritt von Dialyseflüssigkeit kan zu Schwellungen z.B. im Genitalbereich führen, gelegentlich auch zum Flüssigkeitsübertritt in den Brustkorb. Nach operativem Verschluss der undichten Stellen oder einem gelegentlich notwendigen Wechsel auf Hämodialyse bilden sich diese Flüssigkeitsansammlungen aber rasch wieder zurück.
- Nach mehreren Jahren Therapie mit Peritonealdialyse kann es zu einer Erschöpfung der Peritonealfunktion kommen. Dann ist ein Wechsel auf Hämodialyse unumgänglich.
- Eine extrem seltene aber schwerwiegende Komplikation stellt die enkapsulierende Peritonealfibrose dar, bei der es nach meist jahrelanger Peritonealdialyse zu einer Verdickung des Bauchfells kommt, welche die Darmtätigkeit behindern kann.
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Nierentransplantation: das Wichtigste in Kürze.
Bei einer Nierentransplantation wird ein Spenderorgan durch einen operativen Eingriff im Unterleib eingesetzt und an die Beckenarterien und -Venen angehängt. Der Harnleiter der transplantierten Niere wird in die Harnblase eingeführt. Die eigenen Nieren müssen hierfür nicht entfernt werden und bleiben in der Regel im Körper.
Eine transplantierte Niere übernimmt die Ausscheidung von Giftstoffen, Salzen und Wasser wesentlich effizienter und natürlicher als eine Dialysebehandlung. Ausserdem erfüllt eine transplantierte Niere auch verschiedene andere Funktionen wie Hormonproduktion etc. Nach einer Nierentransplantation ist daher die Nierenfunktion in der Regel ausreichend, sodass keine Einschränkungen der Diät oder der Trinkmenge mehr notwendig sind. Da eine transplantierte Niere aber vom Körper als "fremd" erkannt wird und vom Immunsystem abgestossen würde, muss das Immunsystem mittels spezieller Medikamente ("Immunsuppressiva") unterdrückt werden. Dies bedeutet einerseits, dass eine regelmässige Medikamenteneinnahme notwendig ist, solange das transplantierte Organ im Körper bleibt. Andererseits unterdrücken Immunsuppressiva nicht nur die Reaktion des Immunsystems gegen das transplantierte Organ, sondern ganz allgemein die Abwehrfähigkeit des Organismus. Dadurch erhöht sich die Anfälligkeit des Körpers für gewisse Infektionen und Tumorerkrankungen.
Eine transplantierte Niere kann von zwei verschiedenen Quellen stammen:
- Von Patienten, die aufgrund eines Unfalls oder einer schweren akuten Erkrankung (meist Hirnblutung) einen Hirntod erlitten haben. Dies bedeutet, dass das Gehirn unwiderruflich schwerst geschädigt ist und ein Überleben ohne künstliche Beatmung nicht möglich ist. Diesen Patienten werden in der Schweiz nur dann Organe entnommen, wenn sie sich zu Lebzeiten für eine Organspende entschieden haben (Spenderausweis) oder die nächsten Angehörigen glauben, dass eine Spende im Sinne des Patienten gewesen wäre. Leider ist der Bedarf an Organen sehr viel höher als deren Verfügbarkeit. Nach Aufnahme eines Patienten auf die Warteliste für eine Spenderniere beträgt die Durchschnittliche Wartezeit daher in der Schweiz rund 2-5 Jahre; die Wartezeit kann je nach Blutgruppe und anderen Faktoren variieren. Eine Aufnahme auf die Warteliste ist möglich, wenn die GFR (siehe oben) auf unter 15ml/min gesunken ist, bzw. wenn eine Dialysepflichtigkeit innert einem Jahr erwartet wird. Man versucht, das Risiko für Abstossungsreaktionen zu reduzieren, indem bei der Organzuteilung auf eine möglichst gute Übereinstimmung der Gewebeeigenschaften von Spender und Empfänger geachtet wird.
- Eine ausgezeichnete Alternative stellt eine Lebendspende dar. Dabei spendet eine gesunde Person, die in der Regel eine enge emotionale Bindung zum Empfänger hat (aber nicht verwandt sein muss), eine Niere. Hierfür kommen nur gesunde Personen in Frage, die vorgängig genauestens medizinisch abgeklärt wurden. Für einen gesunden Spender ist das Risiko einer Nierenspende minimal: eine gut funktionierende Niere reicht in aller Regel problemlos für ein normales Leben aus. Allenfalls kann sich das Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln, nach einer Nierenspende etwas erhöhen. Die Vorteile für den Empfänger sind einerseits, dass die Wartezeit auf ein Organ entfällt und so mitunter eine Transplantation möglich ist bevor je eine Dialysebehandlung erfolgen muss (sogenannte "präemptive Transplantation"). Andererseits zeigen Spendernieren von Lebendspendern eine etwas bessere Funktion im Empfänger. Nicht immer passt aber die Niere eines möglichen Spenders für den Empfänger: es können Abwehrstoffe gegen die Spenderniere beim Empfänger vorhanden sein. Die technischen Fortschritte der letzten Jahre habe es aber ermöglicht, in den meisten Fällen auch bei Blutgruppenunverträglichkeit nach spezieller Vorbereitung eine Transplantation durchzuführen.
Vor einer Nierentransplantation bzw. der Aufnahme auf die Warteliste sind umfassende medizinische Untersuchungen notwendig. Dabei werden Tumorerkrankungen, Infektionen, Herz-Kreislauf- und andere Erkrankungen gesucht, die durch die Immunsuppression schwerer verlaufen könnten oder während der Operation zu Komplikationen führen. Auch in der frühen Phase nach einer Transplantation sind engmaschige medizinische Kontrollen notwendig um allfällige Komplikationen rasch zu erkennen. Bei günstigem Verlauf reicht später jedoch eine ärztliche Kontrolle alle drei Monate aus. Für eine Nierentransplantation existiert keine absolute Altersgrenze. In aller Regel ist aber eine Nierentransplantation ab einem Alter von ca. 75 Jahren nicht mehr sinnvoll, da der Körper im Alter empfindlicher ist gegenüber Nebenwirkungen von Immunsuppressiva, da Operationskomplikationen häufiger auftreten und da ältere Patienten aufgrund der ohnehin kürzeren Lebenserwartung weniger von der gesteigerten Lebenserwartung durch eine Transplantation profitieren. Dasselbe gilt auch für jüngere Patienten mit schweren Allgemeinerkrankungen.
Vorteile einer Nierentransplantation
- Die Nierentransplantation ermöglicht ein Leben ohne Dialysebehandlung und dadurch mit Ausnahme der ersten Monate (in denen häufige Kontrollen nötig sind) eine relativ unabhängige Lebensgestaltung und eine hohe Lebensqualität.
- Die durchschnittliche Lebenserwartung nach einer Nierentransplantation ist wesentlich höher als bei langfristiger Behandlung mit Hämo- oder Peritonealdialyse. Dies liegt wohl daran, dass eine Nierentransplantation die Nierenfunktion viel umfassender und vollständiger ersetzt.
- Die meisten Patienten fühlen sich nach einer Nierentransplantation auch körperlich und psychisch fitter und leistungsfähiger.
Nachteile einer Nierentransplantation
- Aufgrund des Organmangels ist für Patienten, die keine passende Lebendspenderin haben, mit einer langen Wartezeit zu rechnen.
- Die regelmässige Einnahme von Immunsuppressiva bedingt eine hohe Zuverlässigkeit. Zudem haben diese Medikamente auch einige Nebenwirkungen.
- Vor einer Nierentransplantation sind umfassende medizinische Abklärungen notwendig.
- In der ersten Zeit nach einer Transplantation sind sehr häufige Arztbesuche nötig und es können gewisse Komplikationen auftreten. Zudem müssen dann nebst den Immunsuppressiva einige andere Medikamente eingenommen werden, um Komplikationen vorzubeugen bzw. Nebenwirkungen der Immunsuppressiva zu reduzieren. Dies bedeutet anfangs eine grosse Zahl an Medikamenten, die eingenommen werden müssen.
- Eine Nierentransplantation kommt für schwer kranke oder betagte Patienten nicht in Frage.
- Eine transplantierte Niere hält in der Regel nicht ewig. Verschiedene Faktoren wie akute und chronische Abstossungsreaktionen, gewisse Infektionen, Medikamentennebenwirkungen und ein erneutes Auftreten der urspünglichen Nierenerkrankung führen meist zu einem langsamen Funktionsverlust des Organes. Die Funktionsdauer einer transplantierten Niere kann stark variieren und beträgt im Mittel um 10-15 Jahre.
Mögliche Komplikationen bei einer Nierentransplantation
Bei vielen Patienten tritt in den ersten Monaten nach einer Nierentransplantation die eine oder andere Komplikation auf; in den allermeisten Fällen lassen sich diese aber gut behandeln und ab einige Monate nach Transplantation geniessen die meisten Patienten eine hohe Lebensqualität, die jener einer gesunden Person nahe kommt.
- In den ersten Tagen bis Wochen nach der Operation können chirurgische Komplikationen auftreten wie Wundinfekte, Flüssigkeitsansammlungen im Bauch, Harnabflusstörungen oder -Leckagen, die mitunter einen erneuten operativen Eingriff notwendig machen.
- Insbesondere in den ersten Monaten nach der Transplantation können Abstossungsreaktionen auftreten. Diese äussern sich in einer Verschlechterung der Transplantatnierenfunktion und verursachen in der Regel keine Beschwerden, daher sind regelmässige Laborkontrollen nötig. Akute Abstossungsreaktionen sind aber mit den heutigen Medikamenten relativ selten und können in aller Regel erfolgreich medikamentös behandelt werden.
- Als Folge der Immunsuppressiva können verschiedene Infektionen auftreten. Meist werden diese ausgelöst durch Viren oder Parasiten, an denen gesunde Personen nicht oder nur leicht erkranken. Für die meisten dieser Infektionen existieren aber wirksame Behandlungen.
- Ebenfalls als Folge der Immunsuppression ist das Risiko für Tumorerkrankungen etwas erhöht. Für die meisten Tumoren ist das Risiko nur geringfügig erhöht. Deutlich häufiger ist bei nierentransplantierten Patienten weisser Hautkrebs. Konsequenter Sonnenschutz ist daher genauso wichtig wie regelmässige hautärztliche Vorsorgeuntersuchungen - denn früh erkannt, können diese Hauttumoren in der Regel einfach entfernt werden.
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Symptomatische Behandlung ohne Dialyse
Eine Nierenersatztherapie kann in der Regel die Lebensdauer deutlich verlängern und einen Grossteil der Symptome eines Nierenversagens lindern; unbehandelt kann eine fortgeschrittene Niereninsuffizienz relativ rasch zum Tod führen. In gewissen Situationen können aber die negativen Effekte der Dialysebehandlung für die Lebensqualität (Transport zum Dialysezentrum, Blutdruckabfälle, etc.) gegenüber den positiven überwiegen. Oder die Lebensqualität ist schon vorgängig schwer eingeschränkt, sodass eine Lebensverlängerung durch Dialyse als nicht sinnvoll erachtet wird. Ein Verzicht auf eine Dialysebehandlung wird bei jungen Patienten kaum erwogen, sollte aber bei betagten Patienten oder Patienten mit schweren Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, des Nervensystems oder auch bei Patienten mit unheilbaren Tumorleiden diskutiert werden.
Aufgrund solcher Überlegungen kann entschieden werden, eine Dialysebehandlung gar nicht zu beginnen oder es kann im Verlauf auch entschieden werden, eine begonnene Dialysebehandlung nicht mehr weiterzuführen. Dieser Entscheid sollte nach ausführlicher Besprechung und ärztlicher Beratung gemeinsam mit Patienten, Angehörigen und Behandlungsteam gefällt werden. Danach erfolgt selbstverständlich weiterhin eine engmaschige medizinische Behandlung. Diese zielt darauf ab, Symptome wie Juckreiz, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Atemnot und Wasseransammlungen im Körper mit Medikamenten so weit als möglich zu behandeln. Eine solche "palliative Behandlung" kann zu Hause oder im fortgeschrittenen Stadium bei Bedarf auch im Spital erfolgen.
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Welches Nierenersatzverfahren ist für wen am besten?
Alle drei geschilderten Nierenersatztherapien ermöglichen ein langfristiges Überleben und eine teilweise oder vollständige Linderung der Symptome eines Nierenversagens.
Eine Nierentransplantation ist bei jüngeren Patienten, sofern die Möglichkeit dazu besteht, aus medizinischer Sicht sicher die beste Behandlungsform: sie erhöht die Lebenserwartung und ist über die Jahre betrachtet mit einem wesentlich geringeren Aufwand verbunden als eine Dialysebehandlung. Diese Aspekte kommen aber bei älteren Patienten weniger zum Tragen. Bei älteren Patienten ist das Risiko für eine Komplikation unmittelbar nach der Transplantation erhöht. Andererseits profitieren ältere Patienten weniger vom höheren Langzeitüberleben und von der Unabhängigkeit, da diese beide im Alter oft durch andere Faktoren begrenzt sind. Neben dem Alter gibt es auch gewisse andere Gründe wie eine Tumorerkrankung, die gegen eine Transplantation sprechen können.
Wenn eine Transplantation medizinisch nicht möglich ist, vom Patienten nicht gewünscht wird, oder wenn die Wartefrist für eine Transplantation überbrückt werden muss, bleibt die Wahl zwischen einer Hämodialyse oder einer Peritonealdialyse. Beide Verfahren sind medizinisch seit Jahrzehnten erprobt und in wesentlichen Aspekten, vor allem auch hinsichtlich der Lebenserwartung, gleichwertig. In gewissen Fällen schliessen medizinische Gründe die eine oder andere Behandlungsform aus oder favorisieren eine Methode: eine Peritonealdialyse ist beispielsweise nicht möglich nach grösseren operativen Darmeingriffen. In den meisten Fällen jedoch sind aus medizinischer Sicht beide Verfahren möglich. Der Entscheid hängt dann im Wesentlichen von individuellen Faktoren ab: wie viel Unabhängigkeit wird von einem Patienten gewünscht? Wie viel Eigenverantwortung traut sich eine Patientin zu? Wie lässt sich der Zeitplan mit einer allfälligen Berufstätigkeit vereinbaren? Soll die Therapie zu Hause oder im Spital durchgeführt werden?
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Nierenersatzverfahren rechtzeitig planen ist wichtig!
Reicht es nicht, sich erst dann mit Nierenersatzverfahren auseinanderzusetzen, wenn sie notwendig sind?
Viele Patientinnen und Patienten setzten sich – verständlicherweise – ungern mit dem unangenehmen Gedanken an eine Nierenersatztherapie auseinander. "Schauen wir dann, wenn es so weit ist", hören wir Nephrologen oft. Eine frühzeitige Information über Nierenersatzverfahren und eine entsprechende Vorbereitung ist aber wichtig. So kann die Möglichkeit einer Transplantation geprüft werden und im Idealfall eine präemptive Transplantation durch eine Lebendspende (siehe oben) geplant werden oder ansonsten rechtzeitig die Aufnahme auf die Warteliste erfolgen. Wenn eine Transplantation nicht in Frage kommt, erlaubt ein frühzeitiges Kennenlernen der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten die Wahl der optimalen Therapie. Diese Wahl braucht in der Regel einige Bedenkzeit und kann nicht in einer Notfallsituation getroffen werden. Bei Entscheid für eine Hämodialyse ist ausserdem die rechtzeitige operative Bildung eines Shunts nötig (siehe oben), welcher einige Zeit benötigt, um sich zu entwickeln - dies ermöglicht später einen Dialysebeginn ohne Katheter und reduziert das Risiko von Infektionen und anderen Komplikationen stark.
Um diese Entscheidungsfindung zu erleichtern, bieten wir nebst den Informationen auf dieser Website für unsere Patienten ärztliche Informationsgespräche und praktische Demonstrationen durch unsere Dialyse-Pflegefachkräfte an. Zusätzlich kann der Kontakt zu Dialysepatienten oder Patientenorganisationen hilfreich sein - wir helfen gerne beim Vermitteln!
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Wann muss ein Nierenersatzverfahren begonnen werden?
Wann muss ein Nierenersatzverfahren begonnen werden?
Die Notwendigkeit, mit einer Nierenersatztherapie zu beginnen, kann sich auf verschiedene Weise ankündigen. In gewissen Situationen ist die Nierenfunktion so stark eingeschränkt, dass sich lebensgefährliche Situationen einstellen. Diese können bedingt sein durch:
- Kritisch erhöhte Kaliumspiegel im Blut, welche zu tödlichen Herzrhythmusstörungen führen können.
- Eine schwere Übersäuerung des Körpers, welche die Funktion verschiedener Organe kritisch gefährdet.
- Eine ungenügende Urinausscheidung, welche zu einer Wasseransammlung im Körper, insbesondere auch in den Lungen, führen kann.
- Eine durch die Harnvergiftung ("Urämie") bedingte lebensbedrohliche Herzbeutelentzündung.
In solch lebensbedrohlichen Situationen ist eine notfallmässige Dialysebehandlung notwendig. Nebst diesen unmittelbar bedrohlichen Folgen kann ein Nierenversagen und die damit verbundene Urämie sich auch in schleichenderen Symptomen niederschlagen: Appetitmangel und Übelkeit, Müdigkeit, Juckreiz, allgemeines Unwohlsein und Abgeschlagenheit. Diese Beschwerden bessern in der Regel rasch nach Beginn einer Nierenersatztherapie.
In klinischen Studien konnte nicht gezeigt werden, dass ein frühzeitiger Beginn einer Dialysebehandlung (bei einem bestimmten GFR-Wert) die Lebenserwartung verlängern kann oder andere Vorteile bringt. Andererseits stellt ein notfallmässiger Dialysebeginn eine grosse physische und psychische Belastung dar und ein zu langes Zuwarten mit einer Dialysetherapie kann zu lebensgefährlichen Situationen führen (siehe oben). Aus diesem Grund sind bei schwerer Niereninsuffizienz regelmässige ärztliche Kontrollen notwendig. So kann anhand der Verschlechterung der Laborwerte, der Beschwerden der Patientin und klinischer Zeichen der Urämie individuell der optimale Zeitpunkt für den Beginn mit einer Nierenersatztherapie erkannt werden. Wenn eine vorgängige Beratung und Planung stattgefunden hat und Vorbereitungen wie die Bildung eines Shuntes rechtzeitig erfolgt sind, so ist der Beginn einer Dialysebehandlung ambulant (ohne Spitalaufenthalt) möglich. Notfallmassnahmen wie das rasche Einlegen eines Dialysekatheters entfallen. So wird der Dialysebeginn von den Patienten als sehr viel weniger belastend empfunden.
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Können Dialysepatienten in die Ferien gehen?
Ja, auch Hämo- und Peritonealdialysepatienten können Ferien geniessen. Hämodialysepatienten sind dabei an das Vorhandensein eines Dialysezentrums in der Nähe des gewählten Ferienortes gebunden. Solche "Feriendialysen" lassen sich aber vielerorts gut organisieren. Ausserdem existieren spezielle Ferienangebote für Dialysepatientinnen wie Kreuzfahrtschiffe mit Dialysestationen. Peritonealdialysepatienten sind in der Wahl des Ferienortes etwas freier. Für kurze Ferien mit dem Auto kann das Material (Dialyselösungen und ggf. Cycler) selber mitgeführt werden. Für längere Aufenthalte oder Reisen mit dem öffentlichen Verkehr kann das Material (Lösungen und bei Bedarf Cycler) durch die Firma direkt an den Urlaubsort geliefert werden. So können auch Dialysepatienten ein möglichst "normales" Leben führen. Eine gute und rechtzeitige Planung ist aber wichtig – gerne helfen wir Ihnen dabei!
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Können Dialysepatientinnen baden und schwimmen?
Ob Baden und Schwimmen möglich ist, hängt von der Art des Dialysezugangs (Shunt, Dialysekatheter, Peritonealdialyse-Katheter) ab, welcher eine mögliche Eintrittsquelle für Bakterien in den Körper darstellt.
Hämodialysepatienten mit einem Dialysekatheter sollten diesen gut vor Nässe schützen. Schwimmen und Vollbäder sind daher nicht möglich, Sitzbäder sind bei entsprechender Vorsicht erlaubt, beim Duschen sollte die Katheteraustrittsstelle geschützt werden.
Hämodialysepatienten mit Shunt oder Gefässprothese können normal duschen, baden und schwimmen. Am Dialysetag sollte unmittelbar nach der Dialysebehandlung mit Baden und Schwimmen zugewartet werden, bis die Einstichstellen der Nadeln verheilt sind. Vor allem bei Gefässprothesen besteht sonst ein gewisses Infektionsrisiko.
Peritonealdialysepatienten sollten kein Vollbad nehmen, da hierdurch das Risiko für eine Infektion des PD-Katheters stark erhöht wird. Schwimmen ist jedoch unter gewissen Voraussetzungen möglich:
- Öffentliche Schwimmbäder sollten aufgrund der oft hohen Keimzahl gemieden werden - baden in privaten, gut chlorierten Pools ist erlaubt.
- Baden im Meer ist aufgrund der desinfizierenden Eigenschaften von Salzwasser gut möglich - in Seen ist das Risiko für eine Infektion höher aber in der Regel tragbar, Teiche sollten gemieden werden.
- Idealerweise wird die Katheteraustrittsstelle mit einer wasserdichten Folie abgedeckt und unmittelbar nach dem Schwimmen erfolgt nach gutem Abtrocknen ein Verbandwechsel der Katheteraustrittsstelle.
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Ernährung und Entstehung von Nierenerkrankungen
Die Ursachen von Nierenerkrankungen sind mannigfaltig (siehe oben). Ein direkter ursächlicher Zusammenhang mit der Ernährung besteht für die wenigsten Nierenkrankheiten. Viele Nierenerkrankungen werden aber indirekt durch eine ungesunde Ernährung begünstigt: Altersdiabetes (Zuckerkrankheit) ist eine der häufigsten Ursachen für ein Nierenversagen und das Risiko, an Altersdiabetes zu erkranken, hängt stark von der Ernährung ab. Starkes Übergewicht kann auch ohne Diabetes zu einer Schädigung der Nierenfilter ("Glomeruli") durch Überlastung führen. Bluthochdruck - nebst Diabetes die häufigste Ursache für ein Nierenversagen - wird ebenfalls durch Übergewicht, sowie auch durch eine salzreiche Ernährung gefördert. Insofern kann eine ausgewogene, gesunde Ernährung sicher auch das Risiko, eine chronische Niereninsuffizienz zu erleiden, reduzieren. Daneben gibt es sehr viele Nierenerkrankungen, deren Ursache keinen Zusammenhang mit der Ernährung hat. Auch hier kann aber möglicherweise eine angepasste Ernährung das Voranschreiten der Erkrankung günstig beeinflussen (siehe unten).
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Ernährung bei Patienten mit Nierenerkrankungen
Die Nieren sind für die Ausscheidung vieler Stoffwechselprodukte und Mineralstoffe verantwortlich. Ist die Nierenfunktion eingeschränkt, so können die Konzentrationen dieser Stoffe im Blut steigen. Dies kann sich auf die Dauer ungünstig auf den Organismus auswirken oder mitunter auch akut gefährlich werden. Zudem kann eine Überlastung der reduzierten Menge noch funktionierenden Nierengewebes das Fortschreiten von Nierenkrankheiten fördern. Deshalb sind für die meisten nierenkranken Patienten gewisse Einschränkungen in der Ernährung notwendig. Viele schwer nierenkranke Patienten leiden aber ohnehin unter einem verminderten Appetit. Zu strenge Diäteinschränkungen können daher leicht zu einer Mangelernährung führen. Die Ernährungstherapie bei Nierenerkranungen verfolgt entsprechend drei Ziele:
- Das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen (Progressionsminderung)
- Komplikationen zu reduzieren, die sich durch die verminderte Ausscheidung von Stoffwechselprodukten und Mineralstoffen durch die Nieren ergeben
- Einen guten Ernährungszustand aufrechtzuerhalten
Welche Ernährungsempfehlungen sinnvoll sind, hängt unter anderem vom Stadium der Nierenerkrankung wie auch von individuellen Faktoren ab. Es gibt keine festen Regeln, an die sich alle Patienten mit Nierenerkrankungen halten müssen und es ist wichtig, dass die Ernährung der individuellen Situation angepasst wird! Wir bieten hierfür Beratungsgespräche mit speziell ausgebildeten Ernährungsberaterinnen an. Unten stehend werden die wichtigsten Aspekte der Ernährung bei Niereninsuffizienz aufgeführt. Sie sollen als Orientierungshilfe gelten, ersetzen aber eine individualisierte Ernährungsberatung nicht. Unser Anliegen ist, dass nierenkranke Patienten die notwendigen Diäteinschränkungen möglichst so umsetzen können, dass dabei die Freude am Essen nicht verloren geht!
Phosphat
Im Körper sind grosse Mengen an Phosphat zusammen mit Calcium im Knochen gespeichert. Daneben haben Phosphatverbindungen eine wichtige Funktion als Energiespeicher in den Zellen. Phosphat wird mit der Nahrung aufgenommen und im Urin ausgeschieden. Die Phosphatausscheidung im Urin wird über verschiedene Hormone gesteuert, unter anderem über Parathormon, das in den Nebenschilddrüsen gebildet wird. Ist die Phosphatausscheidung durch die Nieren eingeschränkt, so werden die Nebenschilddrüsen stimuliert, das gebildete Parathormon kann die Phosphatausscheidung am Anfang aufrecht erhalten, schwächt aber die Knochen. Zudem lagert sich Phosphat, wenn die Konzentration im Blut zu hoch ist, in den Arterien ab und führt zu Arterienverkalkung und einer Belastung des Herzens. Deshalb muss die Phosphataufnahme aus der Nahrung bei schwerer Niereninsuffizienz eingeschränkt werden. Auch bei Dialysepatienten ist eine Phosphateinschränkung wichtig, da über die Dialyse nur begrenzte Mengen an Phosphat entfernt werden können.
Eine Einschränkung der Phosphatzufuhr kann durch zweierlei Massnahmen erreicht werden: einerseits durch das Meiden von besonders phosphatreichen Speisen, andererseits durch die gleichzeitige Einnahme von Phosphatbindern mit phosphatreichen Speisen. Phosphatbinder sind Medikamente (in Form von Kapseln, Kautabletten, Pulver oder Trinklösungen), die im Darm Phosphat an sich binden, vom Körper nicht aufgenommen werden und im Stuhl zusammen mit dem gebundenen Phosphat ausgeschieden werden. In der Nahrung kommen zwei Arten von Phosphat vor:
- Natürliches Phosphat findet sich in allen eiweissreichen Lebensmitteln. Auf diese Lebensmittel kann nicht verzichtet werden, die Aufnahme dieses Phosphates aus dem Darm muss daher durch die gleichzeitige Einnahme von Phosphatbindern reduziert werden. Pflanzliche Eiweisse sind bezüglich Phosphatgehalt günstiger als tierische, sodass es sinnvoll sein kann, pflanzlichem Eiweiss den Vorzug zu geben.
- Künstliches Phosphat wird von der Nahrungsindustrie vielen Produkten als Konservierungsstoffe beigegeben. Es hat keinerlei biologische Wertigkeit, führt aber zu einer hohen Phosphatbelastung für den Organismus mit den oben erwähnten negativen Folgen. Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz verzichten daher am besten so weit als möglich auf Fertigprodukte und kochen selber aus frischen Zutaten. Auch die Aufnahme von künstlichem Phosphat aus dem Darm in den Körper kann durch Phosphatbinder reduziert werden.
Kalium
Kalium hat im Körper eine zentrale Bedeutung für die elektrische Aktivität von Nerven- und Muskelzellen. Seine Konzentration im Blut wird durch den Körper streng reguliert und sowohl zu tiefe als auch zu hohe Werte können lebensbedrohlich werden. Da Kalium vorwiegend durch die Nieren ausgeschieden wird, kann die Konzentration im Blut bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz gefährlich steigen und es können schwere Herzrhythmusstörungen drohen. Anders als beim Phosphat kann die Kaliumausscheidung über die Nieren aber in der Regel länger aufrecht erhalten werden und hohe Kaliumkonzentrationen im Blut verursachen keine chronischen Schäden. Kalium kann durch die Dialyse recht gut aus dem Blut entfernt werden, dennoch sollte die Einnahme hoher Kaliummengen auch von Dialysepatienten vermieden werden, da es sonst zu starken Schwankungen des Kaliumspiegels und zwischen den Dialysebehandlungen mitunter zu gefährlich hohen Werten kommen kann. In der Nahrung kommt Kalium vor allem in Früchten, Gemüsen und Kartoffeln vor. Der Kaliumgehalt hängt von der Gemüse- bzw. Fruchtsorte sowie von der Zubereitungsart ab. Manchen Patienten fällt es leicht, auf kaliumreiche Speisen und Getränke zu verzichten, andere nehmen zu kaliumreichen Speisen ein Pulver ein, das Kalium im Darm bindet und die Aufnahme in den Körper hemmt. Und bei manchen Patienten stellt Kalium kaum ein Problem dar. Ob hohe Kaliumkonzentrationen im Blut auftreten, ist bei nierenkranken Patientin individuell sehr unterschiedlich und hängt unter anderem von der Restfunktion der Nieren und von der Einnahme gewisser Medikamente ab.
Kochsalz
Ein hoher Salzkonsum kann einerseits zu einem höheren Blutdruck führen, andererseits die Proteinurie (Eiweissverlust über den Urin) erhöhen und das Voranschreiten einer Nierenerkrankung beschleunigen. Für Patienten mit Nierenerkrankungen empfiehlt sich daher eine gewisse Einschränkung des Salzkonsums. Bei fortgeschrittenem Nierenversagen haben die Nieren ausserdem zunehmend Mühe, Natrium auszuscheiden. Natrium bindet Wasser und fördert bei Nierenversagen deshalb Wassereinlagerungen (Ödeme). Schliesslich verursacht ein hoher Salzkonsum Durst und erschwert daher bei Dialysepatienten das Einhalten einer Flüssigkeitsbeschränkung (siehe unten). Wird aus frischen Zutaten selber gekocht, so kann die beim Kochen zugegebene Salzmenge gut kontrolliert werden. Auf Nachsalzen am Tisch wird am besten verzichtet. Salz kommt aber auch in grösserer Menge "versteckt" vor: in Fertiggerichten, in verarbeiteten Fleisch- (Wurstwaren) und Milchprodukten (Käse), sowie auch in Brot.
Eiweiss (Protein)
Bei einer eiweissreichen Ernährung müssen die Nierenfilterchen (Glomeruli) schwerer arbeiten. Überdies entsteht beim Abbau von Proteinen im Körper Harnstoff, einer der Giftstoffe, die sich bei Nierenversagen im Körper ansammeln. Früher wurde deshalb nierenkranken Patientinnen eine Einschränkung des Eiweisskonsums (Proteinrestriktion) empfohlen, einerseits um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und andererseits um den Beginn einer Dialysetherapie aufzuschieben (geringere Harnstoffproduktion). Bei einer Einschränkung des Eiweisskonsums besteht aber das Risiko einer Mangelernährung. Ausserdem verfügen wir heute über Medikamente, die die Überlastung der Glomeruli wohl besser verhindern können als eine Proteinrestriktion. Deshalb wird eine Einschränkung des Eiweisskonsums nierenkranken Patienten heute in der Regel nicht mehr empfohlen. Ein übermässig hoher Eiweisskonsum sollte aber bei Nierenerkrankungen gemieden werden, da er das Fortschreiten der Erkrankung fördern könnte.
Bei Dialysepatienten verändert sich die Situation stark. Hier ist eine ausreichende bis hohe Eiweisszufuhr geradezu sehr wichtig, da durch die Dialysebehandlung (vor allem bei der Peritonealdialyse) immer auch Eiweisse verloren gehen und da Dialysepatienten besonders gefährdet sind für eine Mangelernährung.
Säure / Alkali
Eine hohe Säurebelastung kann bei eingeschränkter Nierenfunktion zu einer Schädigung der Nierentubuli führen, welche für die Ausscheidung der Säure verantwortlich sind. Überdies schwächt eine Übersäuerung des Körpers auf die Dauer Knochen und Muskeln. Säure entsteht vor allem beim Abbau tierischer Eiweisse - Früchte und Gemüse sind dagegen alkalireich und neutralisieren Säuren. Eine Ernährung reich an Früchten und Gemüsen und arm an tierischem Eiweiss kann sich daher möglicherweise günstig auf das Fortschreiten von Nierenerkrankungen auswirken. Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz ist allerdings Vorsicht geboten, damit über Früchte und Gemüse dem Körper nicht zu viel Kalium zugeführt wird (siehe oben). Eine alternative Massnahme zur Reduktion der Übersäuerung besteht in der Einnahme von Bicarbonattabletten. Bei Dialysepatienten (Hämo- und Peritonealdialyse) wird Bicarbonat durch die Dialyseflüssigkeit dem Körper zugeführt und eine speziell alkalireiche Ernährung oder die Einnahme von Bicarbonat ist in der Regel nicht mehr notwendig.
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Ist "viel trinken" für die Nieren gesund?
Oft wird gesagt, viel zu trinken sei gesund. Wissenschaftlich gesichert ist diese Volksweisheit jedoch nicht. Gesunde Nieren verfügen über eine grosse Anpassungsfähigkeit und können ihre Ausscheidung der Trinkmenge in einem weiten Bereich anpassen. Bei verschiedenen Krankheiten der Nieren oder auch anderer Organe verliert der Körper aber seine Fähigkeit zur Selbstregulation. Ausserdem kann es in gewissen Situationen sinnvoll sein, für einen sehr verdünnten Urin zu sorgen. Deshalb müssen Patienten mit bestimmten Erkrankungen ihre Trinkmenge bewusst steuern. Einige Beispiele sind:
- Patienten, die zur Bildung von Nierensteinen neigen, sollten viel trinken. So werden die Salze verdünnt, aus denen sich Nierensteine bilden können.
- Bei Patienten mit Zystennieren (ADPKD, englisch "autosomal dominant polycystic kidney disease") gibt es gewisse Hinweise, dass eine sehr hohe Flüssigkeitszufuhr das Zystenwachstum möglicherweise verlangsamen könnte. Diese Hinweise sind aber wissenschaftlich nicht gut gesichert.
- Dialysepatienten, die keinen Urin mehr bilden, müssen ihre Trinkmenge stark einschränken (siehe unten), da praktisch alles getrunkene Wasser an der Dialyse entzogen werden muss und die rasche Entfernung grosser Flüssigkeitsmengen für den Körper eine grosse Belastung darstellt.
- Auch Patienten mit schwer eingeschränkter Herzleistung müssen ihre Trinkmenge oft einschränken, da sich das Wasser sonst auf den Lungen ansammeln kann.
- Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz, welche noch nicht an der Dialyse behandelt werden, müssen ihre Trinkmenge aufgrund der begrenzten Ausscheidungsfähigkeit der Nieren oft auch einschränken. Eine allzu starke Einschränkung kann sich hier aber auch nachteilig auswirken, da dann die Durchblutung und die Restfunktion der Nieren gefährdet werden kann. Hier gilt es, sich mit der Trinkmenge in engen Grenzen zu bewegen, da die Nieren ihre Fähigkeit zur Selbstregulation verloren haben.
- Bei Patienten nach einer Nierentransplantation wird in der Regel vor allem anfänglich eine hohe Trinkmenge empfohlen, da die transplantierte Niere empfindlich ist auf eine Minderdurchblutung bei Flüssigkeitsmangel.
- Auch Menschen ohne Nierenerkrankung können z.B. bei einer Durchfallerkrankung unter starkem Flüssigkeitsverlust leiden und müssen dann auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (in diesem Fall zusammen mit Salz und Zucker) achten.
Insgesamt gibt es also kein "Patentrezept" wie viel man trinken soll. Patienten mit Nierenerkrankungen oder Herzschwäche sollten ihre Trinkmenge daher mit der Ärztin absprechen. Für nierengesunde Personen reicht es wahrscheinlich aus, wenn sie gut auf ihren Durst achten und in Situationen von hohem Flüssigkeitsverlust (körperliche Aktivität, Hitze, Durchfall...) bewusst genügend trinken.
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Wie viel dürfen Dialysepatienten trinken?
Wie oben erwähnt, müssen Dialysepatienten in der Regel ihre Flüssigkeitszufuhr stark einschränken. Wie stark die Trinkmenge eingeschränkt werden soll, hängt vor allem von der noch vorhandenen Urinproduktion ab, andererseits auch davon, wie viel Flüssigkeit bei einem Patienten / einer Patientin problemlos während einer Dialysebehandlung dem Körper entzogen werden kann, ohne dass Symptome wie Krämpfe oder Blutdruckabfälle auftreten. Als Faustregel gilt, dass Dialysepatienten täglich ca. 500ml mehr trinken können als ihre tägliche Urinausscheidung beträgt. Um dieses Ziel erreichen zu können ist gerade bei einer geringen oder fehlenden Urinproduktion in der Regel eine Einschränkung des Kochsalzkonsums wichtig, da Kochsalz Durst verursacht (mehr zur Salzzufuhr siehe oben). Selbstredend stellen natürlich Suppen aufgrund ihres Salzgehaltes eine sehr ungünstige Form der Flüssigkeitszufuhr bei Dialysepatienten dar und sollten möglichst gemieden werden.
Haben Sie weitere Fragen?
Gerne beantworten unsere Ärzte und Ärztinnen, Pflegefachpersonen und Ernährungsberaterinnen ihre Fragen im Rahmen der Sprechstunden-, Dialyse- oder Beratungstermine.